Samstag, 12. August 2006

Die Frau aus Winterhimmel

Seelisberg 2005


Es gibt ein Blau mit Gelb vermischt, das wird kein Grün. Es muss ein „kein Gelb“ sein, kaum mehr als ein gebrochenes Weiss, das den Himmel unwirklich vermilcht.
Die pastellenen Wolkenfetzen und Flugzeugspuren darüber sind aus ihm und schreiben mir:

Komet- Speiseeis auf blaue Leinwand.

Aus Sehnsucht zog ich in den Horizont. Dort laufe ich die letzten Meter vom Himmel in die Erde. Steil die Strasse, tief der See. Ich bin in diesem Blau und sehe auf sein Grün, von dem ich träume. Und bin nicht der Einzige, der weiss, wie nah hier Himmel und Erde, Himmel und Hölle beieinander liegen. Getrennt nur durch einen feinen Strich, auf dem wir gehen. Der Strich durch die Welt, gefüllt mit unendlich vielen Punkten. Die Frau aus dem Tempel läuft vor mir in den Himmel. Läuft, schwebt, schwenkt sich hoch. Kaum zu unterscheiden von ihm, sie trägt seine Farben. In Wolle umstrickt ein Leib der mich kurz vorm Übertritt erinnert, Mann zu sein.
Jünger gehen selten tailliert.

Die Sekte hatte bessere Zeiten. Sagt der Gemeindspräsident.
Je älter die Jünger werden, umso kleiner werden die grossen Autos. Sagt er auch. Und lacht laut in die Kellnersonne. Die sind ja nett, aber machen arm. Und lacht vorm leeren Schlüsselbrett seines Hotels. Aber sie machen keinen Krach. wenn sie Fliegen üben und im Schneidersitz durchs alte Grandhotel hüpfen. Doch wenn sie es dann eines Nachts zu können glauben, dann machen sie die Rosen und ihre Sprunggelenke kaputt.

Die mit dem Körper eines Cello ist jünger, doch trägt die Ferne der Anderen schon im Gesicht. Sie schaut nicht einfach so ins Milchblau, sie sieht wissend in den Himmel aus Pastell. Wissend wie man sein Teil wird und durch die Wolken streift.

Sanft und dunkel lächelt sie mich zu sich, dahin, wo Yogis fliegen können.
Flieg mit mir auf den Berg gegenüber, dort wo der Jesus aus Zagreb die Mädels in den Himmel vögelt. Lass mich dort lernen, was an Dir zu lernen ist. Nimm meinen Rosenkranz in deine Hand. Flieg mit mir.

Ihre Arme schwenken weit aus. Vor, zurück, über den Kopf. Es sieht aus, wie ein ungeschicktes Hurra. Was trägt sie da? Abgeschnittene Telefonhörer? Ein indisches Gemüse? Hanteln? Sind das elfenbeinfarben gestrichene Hanteln?
Ja sie läuft, schwenkt die Arme, redet mit dem Himmel, mit dem Maharishi, der auf dem Rotstock sitzt, mit den Beinen baumelt und in den See spuckt. Trainiert sie ihr Laufen, um kräftiger für die Exercitien zu sein? Braucht sie die starken Unterarme für das Fliegen aus dem Schneidersitz? Vermittelt ihr Bizeps zwischen Newton und Maharishi?

Oder ziehen sie die Gewichte nach unten? Halten sie die Hanteln am Boden? Würde sie schon jetzt vor mir entschweben, ins Milchigblau? Noch eine Runde um mich drehen, ihre Beine um meinen Kopf legen, einfach so, während ich weiterlaufe? Oh schöner Traum verlass mich nicht. Du willst mich heben, weiten; nicht engen, binden, fesseln. Hesses Weltgeist mit wollener Taille vor mir. Sie nähme mich auf den See hinaus und flöge über die Berge in den Süden des Himmels.
Und ich? Ich fiele endlich in meinen Traum.
Den Traum vom grünen See.

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