Sonntag, 4. Juni 2006

Zum Ausgleich - Die deutsche Post in der Provinz

Angeregt durch die lesenswerte "Blogwiese", deren Link http://www.blogwiese.ch/ ich noch irgendwie in die Sidebar fummeln muss, erinnerte ich mich an eine Geschichte, die uns erst kürzlich in Raserei brachte, was in Niedersachsen ja nichts macht, da genügend Platz ist. Kühe, Ochsen und (Rück)Spiegel zum Anschreien gibt es auch genug.

Nicht alle die wollen sind schon in diesem kleinen aber feinen Land hier angekommen, meine Freundin bemüht sich seit einem Jahr eine Stelle als Kunst/Gestalt/Werklehrerin am liebsten im Raum Bern zu erhaschen. Leicht ist das nicht, wobei auch hier wieder die grössten Probleme mit den deutsch Behörden bestehen. Aber das ist ein andere Geschichte und im Moment rechtshängig. (Jetzt habe ich mal ein Schweizer Wort erfunden.)

Sie wohnt in einer Gegend, bei der ich noch heute staune, das es sie gibt. Es sind die windradvollgestellten Wiesen auf den letzten sechzig Kilometern vor Holland und der Nordsee. Nach vierzig Kilometern Fahrt westlich Osnabrück und Durchfahrt durch drei (!) Dörfer erreicht man ihren Flecken, der sogar Stadt ist. Dieses tödlichste aller toten Nester beschreibe ich später mal, beschränken wir uns heute auf die Post, die es entgegen den drei Apotheken nicht mehr gibt. Dort wohnen ALte, Volltrunkene und fleissige russische Neudeutsche, die sich enorm hässliche Häuser an die Waldränder stellen. Die Liebste also will da weg und schreibt seit Monaten immer wieder Stapel von superfetten Bewerbungsbriefen im Format A4 in die Schweiz. Sie hat viel studiert und all ihre Abschlüsse sprengen jeden Umschlag. Manchmal geht ihr Lebenslauf als Päckchen durch. Jeder hat seines zu tragen. Die Restpost, nicht zu verwechseln mit den in dieser Gegend florierenden Restpostenläden, residiert in einer dunklen Ecke des Hinterladens bei Ludlage, einem Papiergeschäft. Gegenüber verkauft der selbe Händler unter gleichem Namen Damenmode in gedeckten Farben. Den Strick zum Aufhängen bekommt man sicher auch von denen. Hinten im Laden also ein postig dunkelblaues Doppeldesk, wovon meist nur ein Platz besetzt ist. Es werden alle Services angeboten und dann auch voll berechnet. Bank/Brief/Paket. Wenn es eilig ist, denkt man sich, gebe ich den Brief als teure Eilpost dort direkt auf. Meine Liebste, ganz Leherin, wagte noch die Belehrung, dass Schweiz Ausland ist und das Gewicht für den Eilbrief sicher heikel. Er wurde gewogen, ja alles klar. Marken drauf, sechs Euro kassiert und in den Sack. Und es ging wirklich schnell. Am nächsten Tag schon brachte der Postbote den Brief zurück, mit dem Vermerk: Nicht ausreichend frankiert. Er nahm ihn nicht wieder mit, die Marken waren gestempelt, die Hobbypostdame entschuldigte sich, sie hatte sich verwogen oder in der Tabelle verlesen, klebte neu und wollte nochmals den gesamten Preis. Da wurde meine Freundin pampig, was in Niedersachens noch was bringt. In der Schweiz übrigens nicht. Als einmalige Blödheit einer einzelnen Person mag das noch durchgehen, aber der ganze Spass passierte wenige Tage später genau so nochmal. Jetzt wiegen wir ihre Lebensläufe auf der Mehlwaage, benutzen DHL oder ich nehme die Post gleich direkt mit und stecke sie in der Schweiz ein.

Klar ist, beschwert man sich bei Ludlage, heisst es, der Schalter sei nur in ihrem Laden, gehöre aber der Post. Wendet man sich an die, heisst es, das seien die Leute von Ludlage. Und der Briefträger nimmt sowieso nichts wieder mit. Auch das ist in der Schweiz anders.

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