Mittwoch, 17. Mai 2006

Udo Lindenberg wird heute 60 !!!

Dazu sei ihm gratuliert. Es sagt viel über uns selbst, wenn wir über die, die wir früher so verehrten, heute nur noch den Kopf schütteln können. Bei wenigen Künstlern bin ich so hin und her gerissen wie bei ihm, viele der Lieder, auch der neuen, mag ich, doch sobald Udo den Mund zu einem Interview aufmacht schalte ich ab. Nur, er wäre nie so weit gekommen, wäre er wirklich so bescheuert, wie er meistens wirkt. Das scheint einer seiner Tricks zu sein. Wer kürzlich das Jubiläumskonzert gesehen hat, staunt a.) das es der Mann doch noch so eingermassen kann und b.) das er sich noch hinaustraut. Wenn Jagger mit sechzig über die Bühne hippelt (und man merkt, dass er täglich trainiert) ist das immer noch cool und sexy, redet Herr Udo von Panik wirkt das lächerlich. Obwohl er wohl zu einer Fitnesskur gewesen sein muss, und nicht mehr wie ein Lindenbergwerbezeppelin aussieht. Er nimmt sogar die Brille ab und man staunt über schöne und schön geschminkte Augen.

Merkwürdig ist, zumindest aus meiner Sicht, wie sich die Qualität seiner Musik und seine öffentliche Wirkung diametral entwickelt haben. Meiner Meinung nach ist seine Musik nicht immer stetig aber doch besser geworden, der "Exzessor" ist zum Beispiel ein ganz aussergewöhnlich ausgewogenes Werk, wenn auch simplen Mainstreamrocks. Man will Udo hören, ein bisschen sentimental bei seinen Balladen werden, das kann er immer noch und seine schnellen Titel werden jetzt im Alter endlich anhörbar.

Ich sah kürzlich im TV eine seine alten Shows. Einerseits war ich sprachlos, dass er im Jahre 1979 den späteren Schlingensief schon vorweggenommen hat und da war er AVANTGARD!!! Andererseits hat dieses Konzert im Ohr wehgetan. Für sein deutsches
"Sympathie For The Devil" müsste man ihn heute noch schlagen, für die beiden Ringer auf der Hinterbühne auf die dicken Lippen küssen. Wir habens gern rund und bei Udo ist das nie so. Erst wenn er wie jetzt in seiner Jubiläumsshow perfekt sein will, dann wird er unangenehm durchgehend süsslich. Das Schlimmste ist sein Meinungsopportunismus, Udo sprang auf viele Züge auf, peinlich zum Beispiel seine Berlinlieder vor ein paar Jahren. Aber ein paar Mal war er der mutige Erste, als Exossi bin ich ihm ein Leben lang für den "Sonderzug nach Pankow" dankbar. Obwohl auch dieses Lied eigentlich pudeldoof ist. Ich war fünfzehn damals im Osten. Man kann sich nicht vorstellen, wie wichtig Udo für uns war. Unvergesslich das Konzert im Palast der Republik, mit steifen, regungslosen Blauhemdträgern auf den tausend Sitzen. Aus dieser Zeit gibt es heute noch Lieder die ich auswendig kann. "Baby wenn ich down bin - Kugel im Colt - Schneewittchen - Andrea Doria - CELLO!!!! - Mädchen aus Ostberlin" e.t.c. Seine öffentliche Erscheinung ist fragwürdig, auch wenn sich der Gaspromkanzler seine Liquorelle in die Gänge hing, aber das mag eine Absicht sein, ein richtiger Rocker muss die Selbstzerstörung am Ende des Exzess im Auge haben. Andere fallen von Palmen...
Ich höre gerade seinen "Panther" nach Rilke, da kann man nichts sagen, wenn er das selbst geschrieben hat, dann ist er immer noch genial.

Udo ist kaputt in der Birne, lustig und so wenig perfekt wie nur irgendwas. Bloss weil ich immer steifer werde, halte ich den alten Paniker wohl für formlos.
Hey, du alter Sack! CONGRATULATIONS!!!
Hör nicht auf unser einen und all die alten Spiesser! Ich gehe jetzt an meinen Staubsauger und reib mir einen am James Dean Bild, denn ... Er ist vierzig...

Wird fortgesetzt.

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